Musikalisch Einstimmung
Ursula Bauer, Michael Stockmaier
Ludwig Thomas - Kurzbiografie
Ludwig Thoma, geboren am 21. Januar 1867 in Oberammergau, wurde bereits zu Lebzeiten als Musterbeispiel eines
bayerischen Heimatschriftstellers gefeiert und zum gemütlich-humorvollen Volksdichter stilisiert. Dabei hat man
übersehen, dass der Bezug auf das Bayerische in seinem Werk mehr leistet, als lediglich Lokalkolorit und
Folklorestimmung zu liefern. Thoma führt in fast allen Stücken scharfe satirische Angriffe gegen den politischen
Klerikalismus seiner Zeit, aber auch gegen Spießermoral und Scheinheiligkeit.
Heute steht sein Name in erster Linie für die „Lausbubengeschichten" (1905), dem einzigen Werk das derzeit noch
immer wieder neu aufgelegt wird. Alljährlich erinnert man sich an seine „Heilige Nacht" (Im Woid is so staad...) und
auch der „Briefwexel" des Landtagsabgeordneten Josef Filser fällt einem beim Namen Thoma wieder ein. Seine
Komödien „Erster Klasse", „Gelähmte Schwingen", „Die kleinen Verwandten" und andere kann man immer wieder vor
allem im Bayerischen Fernsehen in alten Inszenierungen erleben. Seine gesellschafts- kritischen Werke scheinen
allerdings immer mehr in Vergessenheit zu geraten.
Thoma, Sohn eines Försters, war gelernter Rechtsanwalt. Den Beruf übte er allerdings nur wenige Jahre aus. Bald schon
konnte er vom Schreiben leben, vor allem durch seine Mitarbeit im „Simplicissimus".
Am 26. August 1921, also vor 80 Jahren, verstarb er in Rottach am Tegernsee an den Folgen einer Operation.
Brautschau
Zwei Bevölkerungsgruppen sind es, mit denen sich
Thoma vorwiegend beschäftigt, die Bauern und die
Kleinbürger. Wir haben uns entschlossen, beide
Stücke aus dem Bereich des bäuerlichen Milieus
auszuwählen, weil hier Mundart gesprochen wird.
Allerdings müssen wir bekennen, dass wir die (oft
als Dachauer Dialekt bezeichnete) Mundart nicht
übernommen haben.
Bei der "Brautschau" handelt es sich zuerst einmal
um ein Sittengemälde des bäuerlichen Lebens um
1900. Im Kern geht es aber ganz einfach um das
"Verschmusen" einer zukünftigen Bäuerin. Dass
dies oft derbe Züge annimmt, liegt zum einen in
der Natur der Sache, zum anderen aber auch
sicher am Dichter Thoma.
Der Bauernssohn Simon (Markus Kremsreiter)
möchte gerne den Hof übernehmen. Dem steht
aber entgegen, dass der Vater (Mundl Angerer)
noch gerne „selber regieren" will. Auch die Mutter
(Olga Kremsreiter) kann daran nichts ändern.
Außerdem braucht der junge Bauer erst eine Frau
und deshalb bestellen unabhängig voneinander die
beiden Alten einen Heiratsschmuser nebst
heiratswilliger Jungfer.
Dass die beiden Viehhändler (Georg Spannbauer
und Walter Kremsreiter) ausgerechnet zur selben
Zeit mit ihrer „Ware" (Gabi Wilhelm und Andrea
Duschl) eintreffen, sorgt natürlich für Turbulenzen
und Streit.
Magdalena
Die Bauerstochter Magdalena (Tanja Eisner) ist in der Stadt auf die schiefe Bahn geraten und hat sich als Dirne
durchgeschlagen. Als ihre Mutter (Lisbeth Weiß) im Sterben liegt, wird die Minderjährige von der Polizei ins
Elternhaus zurückgebracht mit'm Schub, wie man es damals nannte. Noch auf dem Sterbebett nimmt die Mutter
ihrem Mann, dem Gütler Thomas Paulimann (Andy Hackl) das Versprechen ab, die Tochter bei sich zu behalten.
Dabei weiß sie genau, was sie verlangt, nachdem ihr nicht einmal die Kirche in Gestalt des neuen Kooperators
(Werner Waldbach) Hilfe gewähren will.
Doch im Dorf gärt es: „Es ist eine Schand für uns, dass eine solche im Dorf ist", wirft der Bürgermeister (Max
Duschl) dem Paulimann vor. Auch der fleißige Knecht Lenz (Gerhard Wilhelm) kündigt, weil er das Gerede im Dorf
fürchtet und weil es ihm zuwider ist, dass ihm Magdalena schöne Augen macht.
Eine Heirat ist für Magdalena unmöglich, eine „Gefallene" schaut niemand mehr im Dorf an. Leni muss hart arbeiten
und darf dabei das Haus nicht verlassen. So eingesperrt beschließt sie, wieder in die Stadt zu fliehen. Aber dafür
braucht sie Geld: Als in der Nacht der Lechner Martl bei ihr fensterlt, bittet sie ihn um ein paar Mark. Am nächsten
Morgen ist der Skandal im Dorf perfekt: Alle fordern vom Paulimann, dass er seine Tochter fortschickt. Selbst die
Nachbarin Babette Plank (Helga Lorenz), die immer zur Familie gehalten hat, weiß keinen Ausweg. Derart in die
Enge getrieben, gibt es für den Vater nur eine Lösung.
Ludwig Thoma schildert in seiner bitterbösen Bauerntragödie „Magdalena" den Konflikt zwischen Moral und
Barmherzigkeit in einer heute archaisch anmutenden bäuerlichen Gesellschaft des vorigen Jahrhunderts. Das
dramatisch hervorragend aufgebaute und mit seinen realistischen Dialogen faszinierende Volksstück plädiert für
eine neue Menschlichkeit gegenüber Außenseitern, Gestrauchelten und Armen. (nach einer Rezension des BR -
Unter unserem Himmel)